Seit August 2021 ist der nichtinvasive vorgeburtliche Test zur Bestimmung des kindlichen Rhesusfaktors aus mütterlichem Blut Teil der Mutterschaftsrichtlinien und sollte jeder Schwangeren, die die Blutgruppe Rhesus negativ aufweist, angeboten werden (Rhesusprophylaxe).
Zur Zeit gilt die Bestimmung nur für Einlingsschwangerschaften, bei Mehrlingen reicht die Studienlage für eine Einschätzung der Zuverlässigkeit im Moment noch nicht aus.
Die Rhesusfaktoren gehören neben dem ABO System zu den hauptsächlichen Blutgruppenmerkmalen. Der Rhesusfaktor ist ein Protein, ein Eiweißstoff, auf der Oberfläche der roten Blutkörperchen. Der Rhesusfaktor ist positiv oder negativ. Zu Beginn der Schwangerschaft wird die Blutgruppe der Mutter mit dem Rhesusfaktor bestimmt. Er entscheidet mit, ob z.B. bei einer Bluttransfusion das Blut von Empfänger und Spender verträglich ist, hat aber keinen Krankheitswert. Ca. 15 % der Bevölkerung in Europa sind Rhesus negativ. Ca. 40 % der rh negativen Schwangeren erwarten ein Rhesus negatives Kind, also sind 60% Rhesus positiv. Falls Rhesus negative Frauen ein Rhesus positives Kind erwarten, kann die Mutter während der Geburt, aber auch schon in der Schwangerschaft, z.B. bei Blutungen, Antikörper Anti D ( Antikörper gegen den Rhesusfaktor D ) gegen diesen Rhesusfaktor bilden. Wenn diese Antikörper in den Blutkreislauf des Kindes gelangen, können sie dem Kind schaden. Die Rhesus Prophylaxe verhindert die Bildung von Anti D und wurde bislang allen Rhesus D negativen Schwangeren in der ca. 28. Schwangerschaftswoche verabreicht, um die Bildung dieser Antikörper zu verhindern. Nun mehr gibt es durch die Pränataldiagnostik einen Test, der den kindlichen Rhesusfaktor bestimmen kann. Hat das Baby ebenfalls die Blutgruppe Rh negativ, so kann auf die Gabe des Immunglobulins verzichten werden. Falls die Blutgruppe des Vaters bekannt ist und dieser auch Rhesusfaktor negativ ist, kann ebenfalls auf eine Rhesusprophylaxe verzichtet werden.
Das mütterliche Blut enthält kindliche DNA, also Erbinformationen, die sogenannte zellfreie fetale DNA die mit speziellen Tests bestimmt werden kann. Dieser nichtinvasive Pränataltest ist eine genetische Analyse, die einer genetischen Beratung bedarf. Die Bestimmung kann ab der 12. SSW ( 11 + 0) durchgeführt werden, sicherer sind die Ergebnisse zwischen der 18. und 20. SSW, da sich der Anteil der zellfreien fetalen DNA mit zunehmender Schwangerschaftsdauer erhöht und somit auch der Anteil der falsch negativen Befunde sinkt. Falls bis 29 +6 kein Ergebnis vorliegt, sollte gemäß der Mutterschaftsrichtlinien eine ungezielte Prophylaxe erfolgen. Auch bei unbekanntem Rhesus Status wird bei einer Fehlgeburt, einer Eileiterschwangerschaft, einem Schwangerschaftsabbruch, einer Blutung, Traumata oder invasiven Eingriffen wie einer Chorionzottenbiopsie, einer Fruchtwasseruntersuchung oder auch nach einer äußeren Wendung bei Beckenendlage eine Rhesusprophylaxe empfohlen. Bei jedem Kind einer Rhesusfaktor – negativen Mutter wird dennoch zusätzlich nach der Geburt, am besten aus dem Nabenschnurblut, der Rhesusfaktor bestimmt.
Der Test erkennt 99,9 % der Feten, die Rhesusfaktor – positiv sind. Das Immunisierungsrisiko in der Schwangerschaft beträgt lediglich 1 bis 2 %, so dass falsch negative Befunde in ca. 0,2 %, bei z.B. zu wenig freier fetaler DNA laut Empfehlungen akzeptabel seien. Der falsch positive Anteil beträgt ca. 1%, aber ohne Testung wäre die Rhesusprophylaxe so oder so gegeben worden.
Die Gewinnung von Anti D aus menschlichem Spenderblut ist nur begrenzt verfügbar. Das Übertragungsrisiko von viralen Infektionen durch möglicherweise kontaminiertes humanes Blut ist sehr gering, aber nicht vollständig ausgeschlossen. Seit 2000 wird das Immunglobulin nicht mehr in Deutschland hergestellt, sondern importiert. Nebenwirkungen wie Übelkeit oder allergische Reaktionen sind sehr selten.
Somit ist dieser Test eine Option für alle rh negativen schwangeren Frauen.
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